„Ich sehe was, was du nicht siehst!“
Wie gehen Kinder mit dem Thema Sterben, Tod und Trauer um?
Zu diesem Thema nahmen fünf Hospizbegleiterinnen und zwei Einsatzleiterinnen im Februar 2019 an einer vom Christophorus Hospizverein Bad Tölz -Wolfratshausen veranstalteten Fortbildung teil. Ziel des Projektes „Hospiz und Schule“ ist es, Fachlehrer in Grund- und weiterführenden Schulen im Rahmen des Religions-und Ethikunterrichts ein ergänzendes Angebot durch Hospizvereine anzubieten.
Wir lernten vielfältige Umsetzungsmöglichkeiten für die Unterrichtseinheiten kennen. Anschließend gründeten wir die vereinsinterne Arbeitsgruppe „Hospiz und Schule“, bildeten Zweierteams und verteilten Aufgaben. Nach vier sehr effektiven Gruppentreffen war unser Konzept im Sommer weitgehend ausgereift. Dieses sieht vor, dass jeweils ein Zweierteam im Beisein der entsprechenden Lehrkraft eine Doppelstunde in der 3. bzw. 4. Jahrgangsstufe abhält. Mit Hilfe des Bilderbuches „Leb wohl lieber Dachs“, sollen den Schülerinnen und Schülern Wege aufgezeigt werden, wie sie sich selbst und andere bei Verlusten trösten können.
Zusätzlich kommen verschiedene Materialien zum Einsatz, wie z.B. Glassteine als symbolische Tränen, die die Kinder bestärken sollen, Trauer und Kummer zuzulassen. Wer möchte, hat die Möglichkeit, von eigenen erlebten Verlusten zu berichten. Kreisgespräch, Gruppen-und Einzelarbeit, singen, tanzen, malen, schreiben und die Arbeit mit Buchstaben sind von unserer Arbeitsgruppe zusammengestellte Unterrichtsbausteine, die wir je nach Gruppengefüge und Teamneigungen einsetzen können.
Um das Projekt starten zu können, haben wir, gefördert durch die Bayerische Stiftung Hospiz, diverse Materialien besorgt und angefertigt.
Dieser Fundus wird sicher im Laufe der Praxiserfahrungen noch erweitert werden. Der Schulamtsleiterin Frau Erl sowie den Rektorinnen und Rektoren der Grundschulen unseres Landkreises konnten wir unser Konzept vorstellen. Endlich bekamen wir „grünes Licht“, den Kontakt zu den einzelnen Schulen herzustellen und Termine für einen Schulbesuch zu vereinbaren.
Im Januar 2020 konnte das Projekt erstmals in die Praxis umgesetzt werden. Gaby Daisenberger und Marianne Müller waren in der Grundschule Oberammergau zu Gast. Die Lehrkräfte und die Schulleitung begegneten uns interessiert und herzlich. Mit den Kindern zu verabreden, dass das im Klassenzimmer Ausgesprochene und Erlebte innerhalb der Gruppe bleibt, half, eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen. Den Kindern die Möglichkeit zu geben, über Abschied und Tod zu sprechen und sie zu ermutigen, hierbei ihre Gefühle zu zeigen, ist unser Anliegen. Körperliche Einschränkungen, der Wegzug des besten Freundes, der Tod von Familienmitgliedern und Haustieren, die Trennung von Eltern – auch sehr junge Kinder haben schon viele Verluste erlebt.
Sich schuldig zu fühlen, weil man – da vermeintlich noch zu klein – nicht hat Abschied nehmen dürfen, wiegt schwer. Die hierbei geweinten Tränen wurden spielerisch erinnert und gewürdigt. Miteinander zu reden, Erlebtes mit dem Verstorbenen als Schatz zu bewahren, Musik zu hören, das Grab zu pflegen, zu beten, gemeinsam Späße zu machen, zu spielen oder auch lecker zu essen, waren einige der vielfältigen Vorschläge der Kinder, sich selbst und andere zu trösten – eine wichtige Kompetenz für seelische Gesundung nach Verlusten und ein gelingendes Miteinander in unserer Gesellschaft. Ihr Interesse, ihre Spontanität, ihre Direktheit und die bereits vielfältigen Erfahrungen der Kinder mit dieser Thematik sind unser Ansporn, diese Arbeit fortzusetzen.
[Kerstin Koenecke-Jais, Marianne Müller]
Buchtipp: Leb wohl, lieber Dachs von Susan Varley
ISBN-13: 9783219115284
Erinnerungen leben weiter - ein einfühlsames Buch, das Kindern das Thema Tod näher bringt und bei der Trauerbewältigung hilft.
Der Dachs war immer zur Stelle gewesen, wenn eines der Tiere ihn brauchte. Den Frosch hatte er Schlittschuh laufen gelehrt, den Fuchs Krawattenknoten schlingen, und Frau Kaninchen hatte von ihm sein Spezialrezept für Lebkuchen bekommen.
Die Tiere reden oft von der Zeit, als Dachs noch lebte. Und mit dem letzten Schnee schmilzt auch ihre Traurigkeit dahin.
Es bleibt die Erinnerung an Dachs, die sie wie einen Schatz hüten.
Kosten der Ausbildung und projektbezogene Materialkosten werden aus Mitteln des bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege gefördert.